Interessenverbände stehen wie alle anderen Organisationen vor großen Herausforderungen, wenn sie sich dem digitalen Wandel stellen wollen. Das betrifft auch die sozialpolitische Interessenvertretung. Und hier zeichnet sich gerade ein Paradigmenwechsel ab.
Sozialpolitische Interessenvertretung geschieht in Verbänden seit ihrer Entstehung in Gremien. Analog den Strukturen, die wir auch aus der Politik kennen, stimmen sich Menschen in Kommunen, Landes- und Bundesarbeitsgemeinschaften ab und bearbeiten in Diskussionsprozessen wichtige Positionen.
Die Schnelllebigkeit der Zeit bewirkt jedoch – das macht uns die Politik vor -, dass politische Entscheidungsprozesse mittlerweile auch auf anderen Kanälen zustande kommen. Die amerikanischen Wahlkämpfe belegen das mit guten und schlechten Beispielen wie Wahlkämpfe überhaupt. Aber nicht nur das. Auch Koalitionsverhandlungen und Gesetzgebungsverfahren finden mittlerweile im Internet statt.
Jahrelang waren die Schlagworte in der Pastoral „nah bei den Menschen“, „niederschwellig“, „den Geruch der Schafe annehmen“. Dazu gehört auch, mit den Leuten so zu kommunizieren, wie das für sie selbst normal ist. Und das heißt heute: Selbstverständlich online, immer mehr und vor allem über WhatsApp.„Soll: Datenschutz, Ist: Kommunikationsverhinderung“ weiterlesen
„Das Internet ist nur ein virtueller Raum. Da sind doch gar keine echten, realen Beziehungen von Mensch zu Mensch möglich. Lebt euer Leben in der realen Welt, anstatt euch in den virtuellen Netzwerken zu verlieren.“ So höre ich es oft von Internetkritikern, gerade auch im kirchlichen Raum, wenn ich von meiner Arbeit und meinem Engagement in den sozialen Netzwerken erzähle. Da wird dann oft ein Gegensatz zwischen der virtuellen und der realen Welt aufgebaut mit der Schlussfolgerung, dass die virtuelle Welt gegenüber der realen irgendwie defizitär, weniger echt sei.
Ich möchte in diesem Beitrag eine andere Sichtweise vertreten. An einigen konkreten Beispielen möchte ich aufzeigen, dass digitale Beziehungen sehr wohl tief und echt sein können, weil eben auch in der digitalen Welt echte, reale Menschen miteinander kommunizieren – eine Kommunikation, welche die Grenzen des Virtuellen überschreitet und auch in der „realen“ Welt stattfindet. Diese Beispiele sind größtenteils im sozialen Netzwerk Twitter verortet, weil dies das Netzwerk ist, das mir am vertrautesten ist und wo ich mich am ehesten zuhause fühle. Es sind auch eher säkulare Beispiele, denn eines habe ich durch meine Präsenz in den sozialen Netzwerken gelernt: Menschlichkeit, Toleranz und Respekt sind humane Werte, die alle Menschen angehen und auch außerhalb der Kirchen und Religionen gelebt werden. „Virtuelle Beziehungen sind reale Beziehungen“ weiterlesen
Ich mache mein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) im Diözesanbüro der Jungen Kirche Speyer, einem katholischen Kinder- und Jugendverband im Bistum Speyer. Meine Aufgaben im FSJ gehen durch Mitarbeit bei Projekten des BDKJ Diözesanverbands über den Verbandsalltag hinaus. Ein Projekt davon ist mobil, grün, politisch und heißt Polli.
Polli ist der Tourbus des BDKJ im Bistum Speyer. Sie ist ein Oldtimer-Wohnmobil, das vollgepackt mit Methodenkisten unter dem Motto katholisch. politisch. aktiv. im Bistum unterwegs ist. Der Schwerpunkt wird dabei auf Methoden für die politische Bildung gelegt.
Damit Polli nicht nur analoge Angebote zu den Themen des BDKJ zu bieten hat, ist es mein Projekt, Polli mit einer Methodenkiste in digitaler Form auszustatten. Konkret heißt das, kurze thematische Trickfilme zum Beispiel zum kritischen Konsum zu erstellen. Die Filme können als Einstieg in der Arbeit mit den zum Thema passenden „analogen“ Methodenkisten oder eigenständig als Diskussionsgrundlage zum jeweiligen Thema eingesetzt werden.
Zur Umsetzung dieses Projekts, nehme ich am Programm FSJ_digital vom Kulturbüro Rheinland-Pfalz teil. Im FSJ_digital, werden FSJler_innen bei medialen Projekten in Ihrer Einsatzstelle unterstützt. Dies passiert in Form einer zusätzlichen Seminarwoche mit FSJler_innen aus dem ganzen Bundesgebiet. Während der Seminarwoche durfte ich an zwei von mir gewählten Workshops teilnehmen. Außerdem hatte ich die Möglichkeit, mich mit anderen FSJler_innen, die andere und ähnliche Projekte wie ich durchführen, auszutauschen und zu vernetzen. Über die Seminarwoche hinaus bietet das Programm zur Verfügung stehende Ansprechpersonen und eine finanzielle Unterstützung des Projekts.
Ich beobachte eine gewisse „Likearmut“ auf Facebook. Mein Eindruck ist, dass die meisten von uns (uns = der Dunstkreis von Verantwortungsträger*nnen in den Mitgliedsverbänden und Gliederungen des BDKJ) beim gegenseitigen Liken und Kommentieren der Inhalte unserer Fan-Seiten zurückhaltend sind. Das ist ausgesprochen tragisch, hilft doch jeder Like, Kommentar und Share dabei die Reichweite unserer Beiträge zu erhöhen.
Wir haben doch sicherlich alle das gemeinsame Ziel, dass unsere Inhalte und Themen von möglichst vielen Menschen wahrgenommen werden und dadurch unsere Filterblasen zumindest ein klein wenig durchbrochen werden. Abgesehen von ein paar Ausnahmen, wie z.B. beim Blogartikel von Paul Rögler, der auf Manfred Spitzers Thesen zum jugendlichen Medienkonsum antwortet, oder dem deutlichen Kommentar der KjG LAG Bayern, der sich ganz tagesaktuell zur „Kreuz-Pflicht“ in Bayerischen Behörden äußert, vermisse ich die meiste Zeit eine gegenseitige Untersetzung im „Verbandsbook“ unserer Fan-Seiten. Grund hierfür kann nicht nur der ominöse Facebookalgorithmus sein, den man sonst für so Vieles verantwortlich macht.
Im Gegensatz zu facebook, verhält sich die (katholische) Jugendverbandsarbeitsblase auf Instagram ziemlich kollegial. Ich mache die Erfahrung, dass in diesem Netzwerk selbstverständlich geliket und kommentiert wird. Hier begegnet man sich mit großem Wohlwollen und Humor. Die gegenseitige Unterstützung klappt also auf Instagram.
Warum also nicht auch auf Faceboook? Freilich, es sind zwei grundsätzlich verschiedene Ansätze von Netzwerken. Hater und Trolle finden sich eher auf Facebook als auf Instagram. Das liegt u.a. an der jüngeren Zielgruppe, die sich auf Instagram befindet und natürlich auch am Grundkonzept, dass die vorrangige Reaktion auf einen Beitrag eben ein Herz ist. Außerdem ist Instagram in der Tendenz eher unpolitisch.
Wer einen politischen Inhalt auf Facebook teilt oder kommentiert, also sich zu einer oder gegen eine Aussage positioniert, macht sich auch auf eine Art angreifbar. In meiner Verbandsbubble nehme ich die Gruppe derer, die das in Kauf nehmen und bereit sind ihre Meinung, auf Facebook zu verteidigen, als eher klein wahr. Diese müssen wir uns zum Vorbild nehmen!
Ich fordere uns auf, gegenseitig unsere Inhalte und Positionen der Verbandsseiten auf Facebook zu liken, zu kommentieren und zu teilen (ja, natürlich nur dann, wenn wir die auch gut finden, ist doch klar). Ich fordere uns auf, auch im Verbandsbook so solidarisch zu sein, wie es im Verbandsgram schon üblich ist. Mit einer entsprechenden gegenseitigen Unterstützung und Solidarität muss man auch keine Angst vor Hatern oder Trollen haben. Wir müssen hinter unseren Meinungen stehen. Auch digital!
Der Hass ist schon ganz gut organisiert. Es ist bereits überfällig, dass sich auch die (katholische Verbands-)Liebe im Netz organisiert.
Auch wenn der Kölner Kardinal Woelki sich sicher ist, dass die Kirche nicht an der Nutzung moderner Kommunikationsmittel, ferner den Sozialen Medien, vorbeikommt, wenn sie viele Menschen mit ihrer Botschaft erreichen will, so ist es dennoch selten bis ungewöhnlich, dass deutsche Bischöfe über eigene Accounts auf Facebook und Twitter verfügen. Zu groß erscheint die Sorge, einem Fake aufzusitzen oder sich Trolle einzufangen, zu sicher scheint wohl die Annahme, dass pastorale Arbeit nur von Angesicht zu Angesicht möglich sei und echte Seelsorge nicht im Netz stattfinden könne.
Gerade die Plattform Twitter, wo digitale Vernetzung und Meinungsbildung nicht erst seit Donald Trump eine nicht zu unterschätzende Rolle auch im realen politischen Diskurs einnehmen, wird von Kirchenoberen als unsicheres Terrain wahrgenommen, in welchem schnelle und zugespitzte Äußerungen in 140 bzw. 280 Zeichen statt rhetorisch ausgefeilte und abwägende Hirtenbriefe ermöglicht werden.
Die 72-Stunden-Aktion des BDKJ ist vieles: Sozialaktion, Werbung für Kirche, Spaßfaktor für die einen und Arbeitsfrust für die anderen. Vor allem aber ist sie ein fantastisches Beispiel für Vernetzungsarbeit. Was in 72 Stunden an Output gelingt, ist Resultat massiven Inputs im Vorfeld; Input insbesondere im Bereich des Netzwerkens.
Vernetzung müsste uns bei kirchens ja besonders am Herzen liegen: Wo ständig von „Gemeinschaft“ die Rede und Kommunion das höchste ist, ist der Schritt zur „Community“ nicht nur folgerichtig, sondern vermeintlich wesentlich. Umso verwunderlicher, dass Kirche und Netz sich immer noch in neugieriger Distanz zueinander befinden. Das gilt auch für die 72-Stunden-Aktion des BDKJ. „72-Stunden-Aktion digital: Muss das sein? “ weiterlesen
Verbraucherschutz – ich gebe es zu: Dieses Wort langweilt mich. Normalerweise. Die Menschen von iRights, vor denen wir gerade sitzen, erzählen aber etwas von digitalem Verbraucherschutz: „Wir setzen uns für die digitale Mündigkeit des Einzelnen ein!“. Jetzt werde ich hellhörig.
Gaming und Computerspiele – scheinbar ein heikles Thema, zumindest wird es von Außenstehenden dazu gemacht. Bestimmte Genres werden als „Killerspiele“ abgestempelt und das Spielen an sich als nicht wertvoll betrachtet. Dass Computerspiele mehr sind als das, wird meist nicht wahrgenommen oder bewusst konträr verstanden. Wenn Spieler*innen in die digitale Welt eintauchen, geht es nicht immer nur um Gewalt, Action und Geltungsbedürfnisse. Vielmehr sind es die kooperativen Aspekte der Spiele, die diese interessant machen: gemeinsam etwas schaffen, im Team zusammenarbeiten und die Welt nach den eigenen Wünschen gestalten. „Zocken, daddeln und Co. – Gaming und Gamification im Alltag“ weiterlesen
Am 8. März 2018 hat Manfred Spitzer, ärztlicher Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm, ein Interview im Deutschlandfunk gegeben, das seitdem viele Menschen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, verärgert und bewegt. Spitzer stellt darin einige Behauptungen dazu auf, was der Mediengebrauch mit Kindern und Jugendlichen langfristig macht – und stößt dabei nicht das erste Mal auf Kritik in wissenschaftlichen Fachkreisen als auch auf Unverständnis vonseiten vieler Medienschaffenden. Paul Rögler, BDKJ-Diözesanleiter in der Erzdiözese Freiburg, antwortet Spitzer in diesem offenen Brief auf dessen Thesen.„„Über den Bildschirm flattert jeder Blödsinn“? Ein Brief an Manfred Spitzer“ weiterlesen