Digitalisierung und Familie, Teil 1: Kinder und Jugendliche

Nicht nur in der Arbeitswelt, auch im Familienalltag sind die (Aus-)Wirkungen der Digitalisierung zu spüren: Jung und Alt gestalten mit Hilfe digitaler Technik ihren Alltag, sind in digitale Medien eingebunden und halten darüber Kontakt zu Freunden, Bekannten und auch zu ihren Familienmitgliedern. Doch muss sich der Familienalltag den Auswirkungen der Digitalisierung vollständig anpassen? Wie steht es um die Digitalisierung des Familienlebens?

Familiengeräte
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Eine digitale Lebenswelt gehört für viele Menschen weltweit zum Alltag. In Deutschland wachsen Kinder und Jugendliche wie selbstverständlich in einer vollständig von digitalisierten Medien durchdrungenen Lebenswelt auf. Aber auch ihre Eltern und Großeltern nutzen die Möglichkeiten der Digitalisierung im Alltag der Familie. In den Familien treffen dabei häufig noch Generationen aufeinander, die jeweils ganz unterschiedliche Erfahrungen mit der digitalen Technik gemacht haben: Während Kinder heute selbstverständlich in eine von digitalen Medien durchdrungene Lebenswelt hineinwachsen, mussten sich die Angehörigen der Eltern- und Großelterngeneration den Umgang mit der digitalen Technik bewusst erschließen und erlernen.

Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen

Wie eine digitalisierte Medienumgebung aussieht, zeigt die JIM-Studie des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest aus dem Jahr 2016: Unter den 6- bis 13-jährigen Kindern und Jugendlichen besitzen im Durchschnitt 32 Prozent ein Smartphone. Bei Jugendlichen zwischen zwölf und neunzehn Jahren besitzen bereits 95 Prozent ein eigenes Smartphone, 74 Prozent einen Laptop/PC und 30 Prozent ein Tablet. Spannend ist zudem, dass 92 Prozent der befragten Jugendlichen von ihrem eigenen Zimmer aus das Internet nutzen können.

Schon kleine Kinder schauen gebannt auf die bunten Bildschirme von Smartphone, Tablet und Co. Sie sehen sich Bilder oder Videos an, spielen Spiele und wachsen mit einer digitalisierten Umwelt auf, die für sie zum Leben selbstverständlich dazu gehört. Mit zunehmenden Alter rücken jedoch soziale Netzwerke in den Mittelpunkt des digitalen Nutzungsverhaltens. Aus der JIM-Studie lässt sich erschließen, wofür genau Kinder und Jugendliche ihre Smartphones nutzen: Die im Jahr 2016 befragten 12- bis 19-Jährigen nutzten ihr Smartphone für Kommunikation (41%), Unterhaltung wie Musik, Videos, Fotos (29%), Spiele (19%) sowie zur Recherche von Informationen (10%). In einer ein Jahr später durchgeführten Umfrage zu den wichtigsten Handy-Apps zeigt sich folgendes Bild: Jugendliche nutzen insbesondere verschiedene Apps (deutsch: Anwendungssoftware), die dem Bereich der Kommunikation zuzuordnen sind. Text- und/oder bildbasierte Nachrichten werden damit ausgetauscht.

Ein Großteil aller Jugendlichen nutzt „WhatsApp“. Mit diesem Programm können Textnachrichten, Bild‑, Video- und Tondateien sowie Standortinformationen, Dokumente und Kontakte unmittelbar gesendet werden. Auf den mittleren Rängen stehen die Dienste „Instagram“ (ermöglicht das Teilen von Fotos und Videos), „Snapchat“ (ermöglicht das Senden von Nachrichten sowie das Versenden von Fotos, die beim Empfänger nur für eine festgelegte Zeit sichtbar sind) und „YouTube“ (Videoportal über das Videoclips angesehen, hochgeladen, bewertet und kommentiert werden können). Weniger verbreitet ist unter Jugendlichen die Nutzung des sozialen Netzwerks „Facebook“, welches in dieser Altersgruppe von Jahr zu Jahr immer weniger genutzt wird. Daraus zeigt sich: Jugendliche sind in hohem Maße in vielfältige digitale Medien und soziale Netzwerke eingebunden. Dabei werden persönliche Informationen (und Daten) in Form von Text‑, Bild‑, Video- und Sprachnachrichten geteilt.

Doch wie wirkt sich ein „digitaler Konsum“ auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen aus? Hier sind sich Wissenschaftler*innen in einer interdisziplinären Perspektive uneins. Klar ist allerdings: Sozialisation ist heute immer auch Mediensozialisation. Wer heute aufwächst, wächst auch in eine mediatisierte Lebenswelt hinein. Erfahrungsräume und Netze sozialer Beziehungen besitzen für viele Kinder und Jugendliche nicht nur „offline“, sondern auch im Rahmen digitaler Kommunikation eine Bedeutung, die nicht unterschätzt werden darf!

Digitalisierung im Familienalltag

In Familien sind mit dem Thema der Digitalisierung häufig Fragen der Erziehung verbunden. Allzu oft zeigt sich dabei ein Unterschied zwischen dem Erziehungsideal von Eltern und ihrer tatsächlichen Umsetzung. Es gilt, Regeln und ggf. Gebote gerade im Zusammenhang mit der Mediennutzung von Kindern systematisch einzusetzen. Regeln der Medienerziehung müssen nachvollziehbar sein und bestenfalls gemeinsam mit den Kindern (z. B. wann darf ich wie lange mit meinem Smartphone ins Internet gehen?) besprochen und erarbeitet werden. Aber Hilfestellung kann seinen Kindern nur geben, wer sich selber mit den technischen Entwicklungen auseinandersetzt, mit den Anforderungen der Digitalisierung zurechtkommt und dazu bereit ist, Regeln auch für Erwachsene gelten zu lassen. Gelingt die Auseinandersetzung mit der digitalisierten Lebenswelt, können Familien profitieren: Die Online-Kommunikation kann beispielsweise dabei helfen,

  • Familienleben und Beruf besser zu vereinbaren (z. B. durch Homeoffice),
  • den Familienalltag gut zu organisieren (z. B. durch Messenger-Nachrichten in einer Familiengruppe),
  • den Kontakt zwischen Familienmitgliedern gerade dann aufrechtzuerhalten oder zu intensivieren, wenn beispielsweise Kinder, Eltern und Großeltern an unterschiedlichen Orten leben.

Mit Blick auf Kinder zeigen sich beim Thema Digitalisierung somit zwei Seiten einer Medaille: Auf der einen Seite ermöglicht die Digitalisierung Eltern und ihren Kindern neue Formen der Kommunikation und Alltagsorganisation. Auf der anderen Seite wird die Digitalisierung zum Gegenstandsbereich der Erziehung. Sie wird dort thematisiert, wo es um den Umgang mit Medien geht und Erziehung somit zur Medienerziehung wird.

Morgen geht es weiter mit Teil 2: Digitalisierung des Alter(n)s

#bdkjvernetzt – Links der Woche Nr. 7

Coolest @Lamp ever
Coolest @Lamp Ever flickr photo by Tojosan shared under a Creative Commons (BY-NC-SA) license

Das ging grade nochmal gut! Das EU-Parlament hat nach einer heißen Debatte und viel, viel Lobbygeld doch noch gegen die Urheberrechtslinie gestimmt und damit Uploadfilter und Leistungsschutzrecht nicht durchgewunken. Jetzt gilt es bis zur nächsten Abstimmung, am Thema dran zu bleiben: Für ein zeitgemäßes Urheberrecht, wie wir es in unserem Grundsatzbeschluss fordern. Unser Link der Woche ist die Dokumentation einer Tagung des Deutschen Frauenrats mit interessanten Perspektiven auf die Digitalität.
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Praxistipp: Werwolf – a Privacy Friendly App

© SECUSO / TU Darmstadt

Jackpot: Der Spieleklassiker Werwolf als App, die gleichzeitig auch noch privatsphärefreundlich ist!

Werwolf (Privacy Friendly) verspricht eine ordentliche Spielleitung des beliebten Rollenspieleklassikers „Werwolf“. Die Handhabung ist einfach: Alle Beteiligten laden sich die kostenlose App (nur für Android) auf ihr Smartphone, eine Person startet das Spiel, die anderen treten per IP-Adressen-Suche dem Spiel bei, dann bekommen alle ihre Rollen zugewiesen. Ab sechs Personen funktioniert das Spiel so richtig gut. Bürger*innen und Werwölfe sind selbstverständlich, Hexen*r und Seher*innen gibt es optional. Jetzt leitet die App per Sprachausgabe das Spiel an. Das kennt man ja: „Es wird dunkel, die Nacht bricht herein. Schließt die Augen. Die Werwölfe erwachen aus ihrem Schlaf. Seht euch um und lernt euch kennen.“, usw, usw. Nerdhinweis: Die blecherne Computerstimme die aus dem Smartphone dringt und das Spiel anleitet, finde ich lustig, ist aber vermutlich für die meisten gewöhnungsbedürftig. Dass die IP-Adresse nicht per Copy-and-Paste verschickt werden kann, sondern diktiert werden muss, fällt mir gleich auf. Vermutlich wollen die Entwickler, dass man zumindest zu Beginn des Spieles einmal noch miteinander reden muss.

Spaß beiseite. Die App macht großen Spaß und tut genau das was sie tun soll: Werwolf anleiten. Punkt. Keine Werbung, minimale Zugriffsberechtigungen. Kein überflüssiger Schnickschnack. Geradezu perfekt für die privatsphärefreundliche Gruppenstunde! Und überhaupt, die Privatsphäre: Die Werwolf-App ist nur eine Applikation eines größeren Portfolios der Forschungsgruppe SECUSO der TU Darmstadt. Die haben sich nämlich der genaueren Untersuchung menschlichen Faktoren in den Bereichen Sicherheit und Privatsphäre verschrieben. Auf deren Seiten kann man nicht nur durch diverse Forschungsergebnisse klicken, sondern auch noch in deren Bestand der Privacy Friendly Apps stöbern. Die Privacy Friendly Schrittzähler App hat schon den Weg auf mein Smartphone gefunden.

Über den Bildschirm flattert jeder Blödsinn“? Ein Brief an Manfred Spitzer

Am 8. März 2018 hat Manfred Spitzer, ärztlicher Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik in Ulm, ein Interview im Deutschlandfunk gegeben, das seitdem viele Menschen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, verärgert und bewegt. Spitzer stellt darin einige Behauptungen dazu auf, was der Mediengebrauch mit Kindern und Jugendlichen langfristig macht – und stößt dabei nicht das erste Mal auf Kritik in wissenschaftlichen Fachkreisen als auch auf Unverständnis vonseiten vieler Medienschaffenden. Paul Rögler, BDKJ-Diözesanleiter in der Erzdiözese Freiburg, antwortet Spitzer in diesem offenen Brief auf dessen Thesen. Über den Bildschirm flattert jeder Blödsinn“? Ein Brief an Manfred Spitzer“ weiterlesen

Klicktipp: Medienpädagogik Praxis Blog

Mit dem Smartphone kurze Clips drehen, witzige Sprechblasen in Fotos einfügen und Memes gestalten oder mit Minecraft ganze Welten entstehen lassen: Wäre das nicht auch was für eine Gruppenstunde in einem Jugendverband?

Der Medienpädagogik Praxis Blog, herausgegeben von Eike Rösch (der selbst aus einem Jugendverband kommt), versammelt unzählige praktische Projekte, Klicktipps, Tools und Hintergrundinformationen zur medienpädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Ebenso bietet er kostenlosen Content, kostenlose Software und eine lange Liste von nützlichen Apps, die man für die niederschwellige medienpädagogische Arbeit im Jugendverband nutzen kann – oder die auch einfach ganz praktisch sind, wie zum Beispiel eine App mit Kinderliedern zur freien Verwendung (super geeignet als Wecklieder auf dem Gruppenleitungswochenende 😉 ). Für einige Tipps auf dem Blog lohnt es sich, Kooperationspartner_innen zu suchen: Wie wäre es zum Beispiel mit einem Ausflug in ein Fab Lab, um selbst mit dem 3D-Drucker Keksausstecher herzustellen?

Die medienpädagogischen Möglichkeiten sind dann unbegrenzt, wenn man selbst kreativ wird, sich auf Neues einlässt und gemeinsam mit den Kids in der Gruppenstunde tüftelt, bastelt und lernt. Und das dürfte eine unserer Stärken in der Jugendverbandsarbeit sein, oder?

Sind medienfreie Angebote für Jugendliche in einer von Medien dominierten Welt notwendig?

Dies ist ein Beitrag zur Blogparade „Jugendarbeit im digitalen Wandel“, an der sich Martin Diem, Mitglied der AG Digitale Lebenswelten des BDKJ-Bundesverbandes“, in Form eines Kommentars beteiligt.

Medien“ wird im Alltag gleichbedeutend mit „Kommunikationsmittel“ verwandt, also Dingen, die Informationen zwischen Menschen transportieren. Dies sind zum Beispiel Fernseher, Radio, Zeitungen, internetfähige Endgeräte mit den entsprechenden Kanälen (Snapchat, WhatsApp, Facebook…), Telefone… . Diese Begriffsannäherung zeigt das große undifferenzierte Feld dieser Fragestellung. Ein Teil der menschlichen Kommunikation findet in, über und durch diese „Medien“ statt.
Die Nutzung von Medien lässt sich, auch in einer auf direkte Interaktion ausgelegten Jugend(verbands)arbeit, kaum vermeiden.

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Hurra, weiter wie bisher!?

Foto: CC0 Public Domain – Quelle: Pixabay

Kinder-Medien-Studie untersucht Mediennutzung von 4- bis 13-Jährigen in Deutschland

Bestätigung, Erleichterung, Hoffnung. Das rufen die Ergebnisse der Kinder-Medien-Studie 2017 vermutlich nicht nur bei den Print-Dinosauriern in Media- und Werbeagenturen, sondern auch bei einigen Vertreter*innen der klassischen Zeltlager-Jugendverbandsarbeit hervor. Auch als „Young Digital Natives“ lesen Kinder in Deutschland gern Bücher und Zeitschriften, sind gern mit Freunden zusammen und spielen gern draußen. Puh. „Hurra, weiter wie bisher!?“ weiterlesen

Immer früher, immer länger und immer mobiler online

BITKOM-Studie: Für Kinder und Jugendliche der „Generation Z“ gilt always online und mobile first

Die Digitalisierung der Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen schreitet voran und dies viel schneller als gedacht. Zu diesem Ergebnis kommt die im Mai 2017 vorgestellte Studie „Kinder und Jugend in der digitalen Welt“ vom BITKOM-Verband und dem Marktforschern von Forsa. Das Credo: „Kinder und Jugendliche sind in Deutschland immer früher, immer länger und immer mobiler im Netz unterwegs“. Demnach hat sich der Internetkonsum binnen drei Jahren verdreifacht und deutlich öfter werden Smartphones und Tablets dafür verwendet oder besessen.

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