Wie tot ist eigentlich Facebook? Gar nicht mal so tot. Nach wie vor ist es das größte und relevanteste soziale Netz. Allerdings: Facebook riecht komisch, zumindest für jüngere. „Facebook ist kein Ort der Leidenschaft mehr“, hat danah boyd schon vor Jahren festgestellt: Klar, wenn die Eltern und Lehrer*innen da auch sind, ist das Netz nicht mehr allzu sexy.
Das zeigen auch Studien zur Mediennutzung von Jugendlichen. Schon bei der JIM-Studie 2017, die 12–19-jährige in Deutschland untersucht hat, lag Facebook auf Platz vier hinter YouTube, Whatsapp und Instagram (S. 35 im verlinkten PDF).
Vom amerikanischen Pew-Institut kommen nun neue Zahlen für amerikanische Jugendliche – und da sieht es ganz ähnlich aus.
51 Prozent der befragten 13–17-jährigen nutzen Facebook, 10 Prozent sagen, dass Facebook ihr meistgenutztes Netz ist. Wichtiger sind auch hier YouTube, Instagram und Snapchat (das lag bei der JIM-Studie nur bei den Mädchen vor Facebook). (Genau vergleichbar sind die Zahlen nicht; ob Messenger unter Social Media gefasst werden, wird uneinheitlich gehandhabt.)
Weitere interessante Ergebnisse der Pew-Studie: Es gibt deutliche Unterschiede in der Nutzung nach Haushaltseinkommen; je mehr Geld zur Verfügung steht, desto weniger wird Facebook genutzt. Damit scheint sich ein Trend zu wiederholen, den danah boyd schon 2009 bei den Wanderungsbewegungen von MySpace zu Facebook beobachtet hat. Smartphones haben fast alle Jugendlichen, aber beim Zugriff auf Laptops und Desktop-Computer sieht man deutliche Unterschiede nach Einkommen.
Medienpädagogische Handlungsfelder zeigt die Abfrage auf, ob Jugendliche Social-Media-Nutzung als positiv oder negativ empfinden. Die relative Mehrheit (45 Prozent) sieht den Effekt neutral – das war durchaus zu erwarten und bestätigt die BDKJ-These, dass Lebenswelten selbstverständlich digital sind. Mehr Jugendliche sehen vor allem positive Effekte (31 Prozent) als negative (24 Prozent) – bei diesen Chancen- und Problemanzeigen kann medienpädagogische Arbeit ansetzen: Vor allem Gerüchte und Mobbing werden als Problem wahrgenommen, es folgen Befürchtungen, dass direkte Kontakte leiden. Bei den Chancen dagegen stehen gerade die Kontakte und einfache Kommunikation mit Freund*innen und Familie weit vorne.
Was daraus für die Jugendarbeit folgt
- Wieder mal zeigt sich: „Wir haben eine Facebook-Seite“ ist keine Social-Media-Strategie. Jedenfalls keine, die zum Mediennutzungsverhalten von Kindern und Jugendlichen passt. Wie sind wir mit unserer Arbeit da präsent, wo auch unsere Mitglieder und Zielgruppen selbstverständlich sind? Und wie sind wir da so, dass es nicht peinlich ist?
- Digitale Mediennutzung ist weitgehend selbstverständlich – aber nach Kanälen und Zugangsarten immer auch deutlich vom Geldbeutel der Eltern abhängig. Fast 100 Prozent Netzzugang darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Fragen der Teilhabegerechtigkeit immer noch wichtig sind.
- Die große Chance digitaler Kommunikation ist Kommunikation – genauso wie das große Risiko. Als Jugendverbände, die Gemeinschaftserlebnisse schaffen (von der Gruppenstunde bis zum Sommerlager) und partizipativ arbeiten, haben wir das Potential, Kinder und Jugendliche stark zu machen. Dazu sollte es auch gehören, gemeinsam die eigene Mediennutzung zu reflektieren, Selbstverantwortung zu stärken und Selbstwirksamkeitserlebnisse zu ermöglichen, gerade für diejenigen, die sich eher ausgeliefert als empowert fühlen.
Und was sind eure Schlüsse aus solchen Studien?