Es war einmal…
Es war in der S‑Bahn. Ich musste recht früh morgens nach Mannheim zum ICE und stand zwischen Schüler_innen und Männern und Frauen, die auf dem Weg zur Arbeit waren. Es war halb acht.
Ich hatte nicht erwartet, dass die S‑Bahn so voll sein würde, dass es mir – einmal eingestiegen – nicht mehr möglich sein würde, mein Handy aus der Tasche zu holen ohne meinen unbekannten Weggefährten zu sehr auf die Pelle zur rücken. So stand ich da und ließ meinen Blick durch das Abteil schweifen. Kaum jemand nahm dabei Notiz von mir, weil alle in ihr Smartphone schauten, gelegentlich über das Display wischten oder leicht nickend im Rhythmus einer für die anderen kaum wahrnehmbaren Melodie verträumt aus dem Fenster schauten.
Man könnte in so einem Moment das digitale Lamento anstimmen und über die moderne Gesellschaft klagen, in der einst vernunftbegabte Wesen nun ein Dasein als Sklav_innen mobiler Endgeräte führen. Als Referent für missionarische Pastoral entfaltete sich in meinen Hirnwindungen allerdings ein anderer Gedanke. Glaubensverkündigung und die Frage, wie man jene Menschen erreichen könnte, die keinen Kontakt mehr zu Kirche haben oder noch nie hatten, sind die Grundfragen meines beruflichen Tuns. Und während ich so in der S‑Bahn vor mich hin schaute, kam mir der Gedanke, wie wunderbar einfach es doch sein könnte: Ein kurzes Signal für eine Push-Benachrichtigung auf jedem der Smartphones meiner Mitreisenden, ein schneller Wisch mit dem Daumen und schon wäre sie da: die frohe Botschaft für jeden hier in der S‑Bahn. „Gott ist bei dir. Egal, was du gerade tust! Er ist zwischen den vielen kleinen und großen Dingen, die sich in deinem Leben ereignen.“
Der Weg zu den Menschen ist heute auch digital
Für Christ_innen gibt es da außerdem noch einen wichtigen Auftrag: „Geht zu allen Menschen!“ Die Netzgemeinde, also die versammelte digitale Jüngerschaft, ist im Jahr 2016 bereits auf 79% der Gesamtbevölkerung angewachsen. So wird schnell deutlich: Der Weg zu den Menschen ist heute auch digital.
Die Netzgemeinde DA_ZWISCHEN, die an jenem Morgen in der S‑Bahn als Idee das Licht der Welt erblickte, versucht die alte frohe Botschaft in den neuen Medien zu verkünden. Und zwar so, dass sie im Alltag der Menschen einen Platz findet.
DA_ZWISCHEN will eine Gemeinde sein, die sich nach den Menschen richtet, nach ihren Fragen und Gewohnheiten.
Der große Vorteil der Netzgemeinde hängt mit den digitalen Gepflogenheiten zusammen: Distanz und Anonymität sind genauso ok wie Nähe und Vertrautheit.
Für alle, die sich erst mal nur inspirieren lassen und mit einem originellen Gedanken in die Woche starten wollen, reicht die WhatsApp-Nachricht am Montagmorgen. In den Impulsen wird oft eine Frage aufgeworfen, die man nicht ad hoc beantworten kann, sondern die es verdient, etwas durchdacht zu werden. Wer mag, kann im Laufe der Woche seine Gedanken als Nachricht an DA_ZWISCHEN zurückschicken. Aus allen Rückmeldungen entsteht dann die Freitags-Nachricht. Sie ist oftmals eine Predigt der gesamten Gemeinde: Hier kommt jeder zu Wort, der sich einbringen möchte. Gleichzeitig liefert sie allen Gemeindemitgliedern verschiedene Antwort-Möglichkeiten auf die Montagsfrage. Das kann zum Beispiel montags so aussehen .…
„Wir freuen uns auf deine Frage! Schick uns einfach eine Nachricht…“
.…und freitags so:
Herzlichen Dank für die vielen Fragen
Eine kleine Auswahl findest du in dieser Zusammenfassung:
zum Schmunzeln und Nachdenken.
Dazwischen geschieht natürlich einiges: die Messengerdienste erlauben auch die direkte Kommunikation. Wer möchte, kann mit DA_ZWISCHEN chatten. Und weil auf der anderen Seite kein Chat-Bot wartet, sondern ein echter Mensch sitzt, wird’s dann sehr schnell persönlich und vertraut.
Vertrauen und Vertrautes
Das ist das Grundprinzip – und daneben haben sich im ersten Jahr der Netzgemeinde schon einige weitere Spezialitäten entwickelt: Online-Exerzitien in kleinen Gruppen, ein Whats-App-Dienst für Familien mit KITA-Kindern als Begleitung durch den Advent und einige Ausflüge aus der digitalen in die physische Welt. Dazu zählten zum Beispiel auch die Instawalks der Netzgemeinde. Auch hier kommt zusammen, was zusammen gehört: einerseits die klassische Kirchenführung, gerne angereichert mit dem Blick hinter die Kulissen und andererseits Menschen, die sich in dem Medium bewegen dürfen, das ihnen vertraut ist – in diesem Fall Instagram.
Überhaupt sind Vertrautheit und Vertrauen zwei wichtige Voraussetzungen für die Verkündigung im digitalen Raum. Die Nutzer_innen der Netzgemeinde müssen nicht erst eine neue (religiöse, spirituelle oder liturgische) Sprache erlernen, um mit uns zu kommunizieren, sondern können mit den Worten und Werkzeugen, die ihnen vertraut sind auf die Suche nach Gott in ihrem Leben gehen.
Und dennoch werden sie dabei herausgefordert und verlassen ihre Komfort-Zone. Dazu gehört dann auch eine große Portion Vertrauen in jene, die sie bei der Suche nach Gott begleiten.
Gemeinde geht auch anders. Sie passt in ein Smartphone und ihre Gottesdienste lassen sich in der S‑Bahn genauso feiern wie abends auf der Couch oder im Wartezimmer des Bürgerbüros. Gemeinde geht auch digital und passt DA_ZWISCHEN.
Felix Goldinger ist Referent für Gemeindekatechese im Bistum Speyer und hat DA_ZWISCHEN ins Leben gerufen.
DA_ZWISCHEN ist ein spirituelles Angebot bei Messengerdiensten wie WhatsApp und dem Facebook-Messenger. Die Mitglieder der Netzgemeinde erhalten montagmorgens einen Impuls, der sie durch die Woche begleiten kann. Freitags gibt es eine Nachricht zum Wochenabschluss, in der die Rückmeldungen der Netzgemeinde gebündelt werden oder einen abschließenden Gedanke zum Wochenthema angeboten wird. In der Zwischenzeit können die Abonnent/-innen über Direktnachrichten Kontakt mit den verantwortlichen Seelsoger_innen der Netzgemeinde aufnehmen. Ein direkter Kontakt der Gemeindemitglieder untereinander ist nicht möglich.
Ein Gedanke zu „Meine Gemeinde passt DA_ZWISCHEN: Spiritualität im digitalen Raum“