Social Media in Organisationen heißt häufig: Wir machen eine Facebook-Seite, dort posten wir Dinge. In der Regel funktioniert das mittelgut. Professionalisierung der Social-Media-Strategie heißt oft: Wir stellen jemanden ein, der*die das macht oder wir investieren in Facebook-Werbung.
In Marketing-Buzzwords ausgedrückt: Eigene Inhalte sind „owned media“, per Werbemittel promotete „payed media“. Das Problem: Eine konsequente, dauerhafte Content-marketing-Strategie, die auf owned media setzt, ist teuer und hat in der Regel sehr viel Konkurrenz. Payed media muß – Überraschung! – auch bezahlt werden.
Dabei ist die Stärke einer Mitgliederorganisation, also auch von Jugendverbänden, genau das: Mitglieder, die von ihrem Verband begeistert sind. In Kommunikationskonzepten kommen sie aber in der Regel nur als Empfänger*innen von Kommunikation vor, nicht als Sender*innen und Produzent*innen.
Und da kommt dann das Buzzword ins Spiel, das in jedem NGO-Kommunikationskonzept zentral sein sollte: „earned media“. Inhalte, die von anderen freiwillig und gerne produziert werden. Das findet jetzt schon statt: Selfies aus dem KjG-Sommerlager, die auf Instagram landen. Facebook-Livestreams vom Lagerfeuer, an dem Wölflinge Fahrtenlieder singen. Kolpingfamilien-WhatsApp-Groups, in die Fotos von der Kolpingstraßen aus aller Welt gepostet werden.
Im Idealfall werden überzeugte Verbandsmitglieder so selbst Verbandskommunikator*innen und ‑Multiplikator*innen. Das bedeutet: Der Verband ist online präsent und vor allem so präsent, daß es in der Zielgruppe authentisch wirkt, weil die Inhalte aus der Zielgruppe kommen.
So kommt earned media ins Kommunikationskonzept
Es lohnt sich, Kommunikationskonzepte auf „earned media“ zu optimieren:
- Haben alle Veranstaltungen, Projekte, Kampagnen Andockmöglichkeiten wie Hashtags und auf Teilbarkeit optimierte Webpräsenzen? (Auf Teilbarkeit optimieren heißt zum Beispiel: Responsives Design, damit es auch unterwegs funktioniert; Sharing-Buttons, weil erstaunlich viele Leute nur per Button, nicht per kopierter URL teilen; Metadaten wie Open-graph-Tags, Twittercards und schema.org, durch die die Linkvorschau in sozialen Medien gut aussieht)
- Gibt es Giveaways, die earned-media-Produktion mitdenken? (Selfie-Schablonen, Logo-Tattoos …)
- Sind Mitmachaktionen so ausgelegt, dass die Ergebnisse auf eigenen Kanälen geteilt werden?
Best practice
- Statt sich über Leute zu beschweren, die im Restaurant ihr Essen fotografieren, unterstützt das Dirty Bones in London das sogar noch: Zum Essen gibt’s einen Selfiestick, ein Stativ, ein Aufsteckobjektiv fürs Handy und Lampen für die richtige Ausleuchtung – wenn schon #foodporn, dann sollte das auch bestmöglich in Szene gesetzt werden! Dazu auch lesenswert: Die Reportage über für Instagram optimierte Innenarchitektur von Restaurants in San Francisco.
- Beliebtes Giveaway: Temporäre Tattoos. Besonders super sind Zungentattoos – da braucht es gar keinen ausformulierten Call to action, um Selfies zu provozieren.
- Die Kampagne zur Kolpingjugend-Großveranstaltung Sternenklar macht vieles richtig: Ein knackiger Titel, aus dem das Hashtag (#sternenklar2018) gebaut wird, ein greifbarer Titel, aus dem Designelemente ziemlich logisch folgen, und eine Selfie-Kampagne vorher, die auf eine Karte mit ausgestanztem Stern setzt. Auch hier wieder: Kein call to action nötig, es ist eine Öffnung in der Karte, also schaut man durch.
- Eine etwas aufwendigere Strategie hat sich das Kolpingwerk ausgedacht: Weltweit Straßen und Plätze nach dem Gründer zu benennen und Denkmäler aufstellen.
- Man muß nicht nur auf spontane Produktion setzen: Veranstaltungsformate können ganz auf earned media ausgerichtet sein. Ein Beispiel dafür sind Instawalks – die lokale Instagram-Community zu einer Fototour einladen: Ins Stadtviertel, ins Museum – oder in eine Kirche. Unter dem Schlagwort #instakirche veranstaltet katholisch.de mit vielen Kooperationspartner*innen bundesweit Instagram-Kirchenführungen: So kommen Kirche und Instagram-Community ins Gespräch und die jeweilige Kirche ist mit großartigen Bildern in vielen Timelines präsent. Mehr Infos zum Projekt gibt es bei katholisch.de.
Ein Gedanke zu „Marketing-Buzzword für die Praxis: „earned media““