Am Dienstag hat die EU-Kommission den Start des Projekts #wifi4eu verkündet: 15.000 Euro Startfinanzierung für öffentliche WLAN-Zugänge in Parks, Plätzen, öffentlichen Gebäuden, Bibliotheken und Gesundheitszentren. In der ersten Förderrunde können sich Gemeinden um die WLAN-Gutscheine bewerben. Voraussetzungen gibt es relativ wenige: „Der Hochgeschwindigkeits-Breitbandinternetanschluss sollte den Nutzern ein hochwertiges Surferlebnis bieten, und der Antragsteller muss einen entsprechenden Vertrag für mindestens drei Jahre abschließen“, heißt es in der FAQ-Liste zu #wifi4eu.
Aus dieser Antworten-Liste geht zwischen den Zeilen hervor, dass sich die Kommission kommunales WLAN so vorstellt, dass eine staatliche Stelle ein Unternehmen der Privatwirtschaft als Dienstleister bewirbt – was anscheinend nicht vorgesehen ist: Anforderungen an ein freies Internet und die Berücksichtigung zivilgesellschaftlicher Vernetzungsinitiativen wie Freifunk. „Kostenloses“ Internet ist nämlich noch nicht „freies“ Internet; der Unterschied wird gerne erläutert mit dem Vergleich zwischen „free as in beer“ (nur kostenlos) und „free as in speech“ (frei) – „frei wie in Freibier oder frei wie in freier Rede“. Freies Netz ist nach der Vision der Freifunk-Community „öffentlich und anonym zugänglich, nicht kommerziell und unzensiert, im Besitz einer Gemeinschaft und dezentral organisiert“. „WiFi-Installationsunternehmen“ müssen sich, um die Förderung zu erhalten, bei der EU-Kommission registrieren – das dürfte für die dezentral organisierten Freifunk-Communities, die oft nicht einmal einen Trägerverein haben, schwer möglich sein. Kommerzielle Unternehmen dagegen sind auf #wifi4eu gut vorbereitet: Entsprechende Suchanfragen werden jetzt schon von gleich mehreren Anbietern mit Webrung garniert. Klickt man sich durch deren Seiten, sieht man komfortable Lösungen, die aber nicht unbedingt datensparsam sind – oft ist beispielsweise eine Anmeldung mit einer E‑Mail-Adresse oder einem Facebook-Login vorgesehen; pikant zu einem Zeitpunkt, da Facebook-Logins und ‑Apps durch die Cambridge-Analytica-Enthüllungen zur Zeit stark in der Debatte stehen.
Bei der Pressekonferenz wurde Marija Gabriel, die EU-Kommissarin für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, daher auch nach Datenschutzaspekten von #wifi4eu und den Umgang der EU-Kommission mit Facebook im Lichte der aktuellen Entwicklungen gefragt. „Wir sagen klar und deutlich, dass wir private Daten schützen“, war der Kern ihrer Antwort darauf. Auch netzpolitik.org sorgt sich um den Datenschutz: Bei einer ersten Ankündigung war von einer Authentifizierungspflicht per Handynummer die Rede. Eine aktuelle Anfrage dazu ließ die EU-Kommission bisher unbeantwortet.
Dass kommunale WLAN-Förderung auch anders geht, zeigen beispielsweise der Rat der Stadt Bonn und die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen: Bereits 2016 hat Bonn eine Förderung von Freifunk-Infrastruktur beschlossen, NRW stellt pro Jahr 150.000 Euro für Freifunk zur Verfügung. (Übrigens sind auch Kirchen in der Freifunk-Förderung aktiv: Wiederum in Bonn stellen einige Gemeinden ihre Kirchtürme für Freifunk-Antennen zur Verfügung.)
Die EU könnte also von anderen kommunalen Netz-Förderprogrammen lernen: Dezentrale, in digitalem Ehrenamt betriebene freie Netze werden einem zentralen Organisationsprinzip der EU, nämlich dem Subsidiaritätsprinzip, weit mehr gerecht als allein auf kommerzielle Anbieter zu setzen.
Übrigens: Du brauchst keine EU-Förderung, um selber Freifunker*in zu werden und freies Netz zur Verfügung zu stellen! Hier steht, wie’s geht: freifunk.net – Wie mache ich mit?